Widerspruch Lebensversicherung – BGH stärkt Rechte der Verbraucher
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15. März 2023 die Position der Verbraucher beim Widerruf bzw. Widerspruch einer Lebensversicherung erheblich gestärkt (Az. IV ZR 40/21). …
Berufsträger-Versicherungen oder Versicherungen, die finanzielle Ausfälle, kapitale Schäden oder die körperliche Unversehrtheit abdecken, entscheiden im Extremfall darüber, ob das Leben nach einer Krise im angemessenen Rahmen weiter geht oder nicht. In der Kommunikation mit Versicherungen, brauchen Anspruchsteller einen ganz besonderen Übersetzer, z.B. einen Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Berufsunfähigkeitsversicherung
Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente aus der privaten Rentenversicherung haben nur Menschen, die vor dem 1. Januar 1961 geboren wurden. Wer nach diesem Stichtag geboren wurde, ist nur durch eine Erwerbsminderungsrente abgesichert. Dieser Anspruch besteht aber nur dann, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, einen Job länger als sechs Stunden am Tag durchzuführen.
Um sich darüber hinaus abzusichern, ist es für Menschen, die seit dem 1. Januar 1961 geboren wurden, ratsam, über den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nachzudenken. Diese springt ein, wenn es dem Versicherungsnehmer, z.B. durch längere Erkrankungen nicht mehr möglich ist, in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten.
In der Versicherungspolice ist vereinbart, ab wann der Versicherungsnehmer Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung hat. Eine gängige Regelung ist, dass der Versicherungsnehmer Leistungen erhält, wenn er mindestens 50 Prozent berufsunfähig ist. Es können jedoch auch andere Vereinbarungen getroffen werden.
Laut § 172 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn der Betroffene „seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge von Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“ Darüber hinaus kann auch vereinbart werden, dass die Leistungspflicht des Versicherers erst eintritt, wenn die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausüben kann, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten übernehmen könnte und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
Versicherungen definieren den Begriff der Berufsunfähigkeit unterschiedlich. Daher ist es empfehlenswert, schon vor Abschluss des Vertrags einen genauen Blick auf die Definition zu werfen, da diese im Ernstfall die Basis für die Versicherungsleistung ist.
Auch die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente wird im Versicherungsvertrag vereinbart.
Ist der Ernstfall eingetreten, muss der Versicherungsnehmer einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente bei seinem Versicherer stellen. Der Versicherer verlangt dann in der Regel umfangreiche und detaillierte Informationen, u.a. soll der Versicherungsnehmer eine genaue Berufsbeschreibung und eine Aufstellung der Tätigkeiten, die er nicht mehr ausführen kann, vorlegen. Hier sollten die Versicherungsnehmer äußerst sorgfältig und korrekt vorgehen, damit sie die Versicherungsleistungen vollumfänglich erhalten. Darüber hinaus verlangt die Versicherung in vielen Fällen auch Berichte der behandelten Ärzte und holt oft noch ein medizinisches Gutachten ein.
Immer wieder kommt es vor, dass die Versicherer die Leistung verweigern. Gründe dafür können bspw. sein, dass der Versicherungsnehmer vermeintlich falsche Gesundheitsangaben beim Vertragsschluss gemacht hat, das Vorliegen der Berufsunfähigkeit nicht ausreichend nachgewiesen wurde oder sonstige vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt wurden. Dann kann es passieren, dass der Versicherer die Leistung verweigert oder den Rücktritt vom bzw. die Anfechtung des Vertrags erklärt.
Rechtlich bewegt sich der Versicherer dabei aber auf dünnem Eis. Für den Versicherungsnehmer ist spätestens jetzt der Punkt erreicht, einen im Versicherungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt einzuschalten.
Unfallversicherung
Die meisten Unfälle passieren bekanntlich im Haushalt. Nach einem Unfall im Haushalt oder auch in der Freizeit beim Sport oder anderen Betätigungen können Ansprüche gegen die private Unfallversicherung bestehen.
Zieht bspw. der Sturz von der Leiter im Haushalt gravierende dauerhafte Gesundheitsschädigungen nach sich, können Ansprüche des Versicherungsnehmers auf eine einmalige Zahlung bei Invalidität oder auf eine Unfallrente bestehen.
Den Anspruch gegen den Versicherer durchzusetzen, kann sich jedoch als schwierig erweisen. So kommt es vor, dass die Versicherungsunternehmen bestreiten, dass überhaupt ein Unfall vorlag. Gesetzlich definiert ist ein Unfall im § 178 Abs. 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Demnach liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.“ Die Unfreiwilligkeit wird dabei bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
Ein anderes häufig auftretendes Argument der Versicherungen ist, dass bei Invalidität nicht der Unfall dafür ursächlich ist, sondern Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers.
Stellt sich die private Unfallversicherung quer, sollten die Betroffenen einen im Versicherungsrecht kompetenten Anwalt aufsuchen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.
Bei einem Arbeitsunfall kann Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung bestehen. Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt dann u.a. erforderliche Leistungen zur Heilbehandlung, Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben und am Gemeinschaftsleben sowie zur Führung eines möglichst selbstständigen Lebens.
Ein Arbeitsunfall liegt dann vor, wenn er sich während der Arbeitszeit bei der Ausübung der Tätigkeit oder auf dem direkten Arbeitsweg ereignet hat.
Private Krankenversicherung – PKV
Viele Versicherungsnehmer haben sich für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung in der Hoffnung entschieden, in den Genuss einer besseren und umfangreicheren medizinischen Versorgung zu kommen als das bei einer gesetzlichen Krankenversicherung der Fall ist.
Die Hoffnungen werden jedoch häufiger enttäuscht, weil die PKV sich weigert, Behandlungskosten zu übernehmen, da sie bestimmte Heilbehandlungen als medizinisch nicht notwendig ablehnt oder die Behandlungen nicht vom Umfang der Police erfasst sind.
Die Argumentation der Versicherer steht dabei jedoch häufig auf wackligen Füßen. Daher sollten sich die Versicherungsnehmer nicht von einem negativen Bescheid ihrer PKV abschrecken lassen, sondern ihre Rechte konsequent durchzusetzen.
Ein regelmäßiges Ärgernis sind auch die Beitragserhöhungen der PKV. Private Krankenkassen sind zwar grundsätzlich berechtigt, die Prämien anzupassen. Das gilt allerdings nur, wenn sie dies gegenüber den Versicherungsnehmern ausreichend begründen.
So hat der BGH mit Urteilen vom 16. Dezember 2020 deutlich gemacht, dass der Versicherer darstellen muss, welche Rechnungsgrundlage - die Leistungen der Versicherung, die Sterbewahrscheinlichkeit oder beide - sich dauerhaft so verändert hat, dass eine Erhöhung der Beiträge erforderlich ist (Az.: IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19). In der Praxis haben viele Versicherer die Beitragserhöhung nur mit allgemeinen Angaben zu gestiegenen Kosten begründet. Das ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH jedoch nicht ausreichend. Konsequenz ist, dass Versicherungsnehmer zu viel gezahlte Beiträge von der PKV zurückverlangen können.
Lebensversicherung
Über viele Jahrzehnte war die Lebensversicherung für viele ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Die Rahmenbedingungen haben sich jedoch stark verändert. Folge ist, dass sich die Lebensversicherung in vielen Fällen für den Versicherungsnehmer nicht mehr lohnt. Eine vorzeitige Kündigung der Police ist in der Regel aber keine Alternative, da der Versicherungsnehmer dann nur den zumeist enttäuschenden Rückkaufswert erhält.
Die finanziell lohnenswertere Alternative zur Kündigung kann der Widerspruch sein. Im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs erhält der Versicherungsnehmer seine geleisteten Beiträge in der Regel fast vollständig zurück. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Versicherer zwar einen Abschlag für den gewährten Versicherungsschutz sowie für die abgeführten Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschlag verlangen, die Abschluss- und Verwaltungskosten muss er jedoch allein tragen und kann sie nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen.
Grundsätzlich ist der Widerspruch der Lebensversicherung möglich, wenn der Versicherer nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht aufgeklärt hat. Die unzureichende Aufklärung hat zur Konsequenz, dass die Frist zum Widerspruch nie in Lauf gesetzt wurde und der Widerspruch somit auch Jahre nach Abschluss der Police möglich ist. Besonders bei Lebensversicherungen, die zwischen 1994 und 2007 nach dem sog. Policenmodell abgeschlossen wurden, ist der Widerspruch in der Regel möglich. Der Widerspruch ist auch dann noch möglich, wenn die Police bereits gekündigt wurde und der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert schon erhalten hat.
Rechtsschutzversicherung
Rechtsschutzversicherungen sind wie ein Baukasten und Rechtsstreitigkeiten in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten können mit ihr abgesichert werden. Versicherungsnehmer sollten jedoch darauf achten, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht pauschal alle Bereiche abdeckt, es kommt immer auf den Umfang der Police an. Kommt es zum Streitfall, sollte daher immer zunächst die Deckungszusage der Versicherers eingeholt werden. Aus unterschiedlichen Gründen kommt es dabei vor, dass der Versicherer die Übernahme der Kosten verweigert.
Häufig steht die Weigerung der Versicherung allerdings auf wackligen Füßen. Daher sollten die Gründe für eine Ablehnung der Kostenübernahme genau geprüft werden. Begründet der Versicherer die Ablehnung z.B. mit mangelnden Erfolgsaussichten, muss er auch darlegen, warum er den Fall für nicht erfolgversprechend hält. Dabei darf er die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht zu hoch ansetzen.
Versicherungsnehmer haben vom Schiedsgutachten bis zur Klage auf Deckungsschutz verschiedene Möglichkeiten, sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme zu wehren.
Um rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Versicherer zu vermeiden und somit auch Zeit zu sparen, ist es oft sinnvoll, die Deckungsanfrage von einem Anwalt stellen zu lassen, der die Tricks und Kniffe der Versicherer kennt und genau weiß, wie die Anfrage gestellt werden muss und welche Informationen benötigt werden.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15. März 2023 die Position der Verbraucher beim Widerruf bzw. Widerspruch einer Lebensversicherung erheblich gestärkt (Az. IV ZR 40/21). …
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